Montag, 18. Juni 2012

Der Philosoph


Ein Philosoph saß traurig im Kaffeehaus
und musterte die Menschen in der Stadt.
Sie gingen so vorüber, sahen leer aus,
als machte sie ihr Leben träg und matt.
 
Sie lachten zwar, doch war’s wohl nicht aus Freude,
wie sollte man sich freuen im Galopp?
Der Philosoph sah Freundlichkeit vergeudet,
da grinste ja noch selbst der dümmste Snob.
 
Er meinte, Reichtum sei allein das Wissen,
das Wissen um den Wohlklang dieser Welt.
Drum ließ er sein Verständnis kläglich missen,
für alles, was dem seichten Herz gefällt.
 
Von außen blickten Menschen ins Kaffeehaus
und sahen bei Tisch dreizehn einen Mann.
Der sah ganz deprimiert und derangiert aus -
„Wohlan, lasst ihn sich grämen, dann und wann!“
 
Sie sahen nicht den strengen Philosophen,
der weise Worte wie Gewürze streut.
Sie sahen einen traurigen Neuroten,
der jedes Lächeln inständig bereut.
 
So stießen sie ihn barsch aus ihrer Mitte
und mieden seine Nähe wie ein Gift,
Der Philosoph entsprach nicht ihrer Sitte,
und doch: er führte weiter seinen Stift.  
 
Sein Glück war für die Narren nicht zu sehen,
verborgen lag’s im Grunde seines Seins.
Doch wenn die seichten Freuden einst vergehen,
bleibt wohl auch mancher Narr mit sich allein.  

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